Zuckerrohr (Saccharum officinarum)

Zuckerrohr (Saccharum officinarum)

Zuckerrohr, ein Gewächs der Tropen und Subtropen aus der Familie der Süßgräser mit den Hauptangebieten Brasilien, Indien und China, ist der wichtigste “Rohstofflieferant” für die Herstellung von Haushaltszucker: Knapp drei Viertel des weltweit verbrauchten Zuckers werden aus Zuckerrohr hergestellt.

 

Zuckerrohr ist anspruchslos und gleichzeitig erstaunlich resilient. Seine “Halme”, die bei der Ernte unmittelbar über dem Boden abgeschnitten werden, können jeweils 12 Monate später erneut beerntet werden, und das bis zu acht Mal. Und bei all dieser extremen Beanspruchung kann eine Zuckerrohrpflanze noch bis zu 20 Jahre alt werden!

 

Die “Tugenden” des Zuckerrohrs gehen dabei weit über seinen Nutzen als Zuckerlieferant hinaus. So wird in Indien der Saft des Zuckerrohrs weithin zur Behandlung von Gelbsucht und von Krankheiten der ableitenden Harnwege verwendet. Auch die moderne Forschung bescheinigt bestimmten Bestandteilen der Pflanze – so den enthaltenen Polyphenolen (u.a. Flavonoide und Anthocyane) und den damit verbundenen antioxidativen Wirkungen, die die DNA vor Schäden schützen[1] – gesundheitlichen Nutzen bzw. ein enormes Potential als wertvolles Medizinprodukt.[2]

 

ZUCKERROHR ZUR VERBESSERUNG DER KOGNITIVEN LEISTUNGSFÄHIGKEIT

 

Es liegen bereits zahlreiche epidemiologische Untersuchungen vor, die die Wirkung von antioxidativ wirkenden Polyphenolen auf die kognitive Leistung belegen.

 

Die Spitzen der Zuckerrohrhalme enthalten nur wenig Zucker, weisen dafür aber besonders hohe Polyphenolgehalte auf. Forscher aus Japan und England untersuchten nun die Wirkung eines Extraktes aus Zuckerrohrhalmspitzen auf verschiedene Funktionen des Zentralnervensystems u.a. an SAMP8-Mäusen (“Senescence Accelerated Mouse-Prone 8”, eine natürlich vorkommende Art, die früh altert und u.a. spontan histologisch-pathologische Merkmale der Alzheimer-Krankheit entwickelt).

 

Sensationelles Ergebnis: Der oral verabreichte Zuckerrohrextrakt stellte das räumliche Lernvermögen und das Gedächtnis der Mäuse wieder her. Diese Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit konnte unter anderem auf die Bildung neuer Nervenzellen zurückgeführt werden. In menschlichen Nervenzellen wiederum kurbelte der Zuckerrohrextrakt den Stoffwechsel incl. des Glucosestoffwechsels an. Weiterhin führte er u.a. zu vermehrter Stammzellbildung und einer Verlängerung der Zellfortsätze der Astrozyten. Damit könnte sich Zuckerrohrextrakt als Nahrungsergänzungsmittel zur Verhütung des kognitiven Abbaus eignen.[3]

 

ZUCKERROHR SCHÜTZT DIE LEBER

 

Saccharum officinarum enthält, wie schon ausgeführt, Bestandteile mit ausgeprägten antioxidativen Eigenschaften (vor allem Flavonoide und Anthocyane). Die antioxidative Wirkung von Anthocyanen, die als „Radikalfänger“ im Körper freie Radikale binden und so u.a. die Leber gegen oxidative Schäden schützen können, kann sogar jene von Vitamin C und E – zumindest im Reagenzglas – um ein Vielfaches übersteigen.

 

In einer Studie wurde nun die Wirkung von Zuckerrohrsaft auf experimentell in Versuchstieren induzierte oxidative Leberschädigung untersucht.

Ergebnis: Die lediglich mit der leberschädigenden Substanz behandelten Tiere zeigten erhöhte Leberwerte (ASAT, ALAT, ALP und Bilirubin), während jene, denen gleichzeitig Zuckerrohrsaft verabreicht wurde, erheblich geringere Werte aufwiesen. In der histopathologischen Untersuchung wiederum ließ das Lebergewebe der geschädigten Tiere eine gestörte Gewebearchitektur erkennen, während sich das der Zuckerrohrsaftgruppe unter der Behandlung deutlich erholt und wiederhergestellt hatte. Zuckerrohr könnte  also ein wirksames Mittel gegen oxidative Leberschädigung bilden.[4]

 

Die Leberfibrose ist eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes, die zur Leberverhärtung führt, und stellt die Vorstufe der Leberzirrhose dar, was ihre Verhütung bzw. Behandlung zu einer vordringlichen Aufgabe macht. Zu diesem Zweck wurden in einer weiteren Studie Polyphenole aus Zuckerrohr isoliert (dabei das mengenmäßig wichtigste: Epicatechin) und die schützende Wirkung des gewonnenen Extraktes auf durch Tetrachlormethan (ein starkes Lebertoxin) ausgelöste Leberfibrose in Ratten untersucht.

 

Ergebnis: Der Extrakt verbesserte Leberwerte wie Aspartat-Aminotransferase (ASAT, AST) und Alanin-Aminotransferase (ALAT, ALT) und senkte gleichzeitig die Expression von ACTA2 (eines Strukturproteins, das bei der Entstehung der Leberfibrose eine Rolle spielt).[5]

 

ZUCKERROHR GEGEN DIABETES (tatsächlich!)

 

Es wird vermutet, dass Pflanzenextrakte mit hoher antioxidativer Kapazität (also einem hohen Antioxidantiengehalt) den Kohlenhydratstoffwechsel positiv (stabilisierend) beeinflussen und mithin eine Schutzwirkung gegen Diabetes mellitus Typ 2 ausüben.

 

Obgleich es zunächst wenig logisch erscheint, trifft dies auch auf einen Zuckerrohrextrakt mit hoher Konzentration an Polyphenolen und Antioxidantien zu, wie von einem australisch-amerikanischen Forscherteam gezeigt. Als sich diese Forscher das therapeutische Potential eines solchen Extraktes auf die Regulierung des Kohlenhydratstoffwechsels – also die damit zusammenhängenden zellulären Vorgänge und biochemischen Reaktionswege – näher ansahen, kamen sie zu überraschenden Ergebnissen:

 

Zellstudien (an Caco-2-Zellen und mit Modellen für funktionsgestörte Betazellen) ließen darauf schließen, dass dieser Zuckerrohrextrakt der Glucose- und Fruktoseaufnahme in den Darmzellen entgegenwirkt und sogar die Insulinproduktion in dysfunktionalen Betazellen wiederherstellt![6]

 

ZUCKERROHR GEGEN MANCHE KREBSARTEN

 

Zahlreiche pflanzliche Polyphenole gelten als gesundheitsfördernd und agieren dank ihrer antioxidativen Wirkung unter anderem als Entzündungshemmer. Australische Forscher behandelten nun mit einem Zuckerrohrextrakt mit hohem Antioxidantien- und Polyphenolgehalt – mit Erfolg – verschiedene Krebszelllinien, darunter Darm- (LIM2045), Lungen-, Eierstock-, Blut- und Hautkrebszellen. Der Extrakt ließ normale Darmepithelzellen unbehelligt, zeigte allerdings keine Wirkung auf Brustkrebszellen der Linie ZR-75-1 sowie Darmkrebszellen der Linie HT29.[7]

 

Brasilianische Forscher schließlich isolierten aus Zuckerrohrsaft ein Flavon und vermochten  zu zeigen, dass dieses sogar noch stärker antioxidativ wirkt als Trolox (ein Vitamin-E-Derivat, das bei der Messung der antioxidativen Kapazität einer Substanz als Referenz verwendet wird). Weiterhin stellte dieses Flavon in vitro (im Reagenzglas) antiproliferative Wirkungen gegen mehrere menschliche Krebszelllinien  unter Beweis.[8]

 

Quellenangaben

 

1 Syed Rizwan Abbas u.a.: Phenolic profile, antioxidant potential and DNA damage protecting activity of sugarcane (Saccharum officinarum). In: Food Chemistry. 2014. PMID 24206679

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24206679/

 

2 Amandeep Singh u.a.: Phytochemical profile of sugarcane and its potential health aspects. In: Pharmacognosy Reviews. 2015. PMID 26009693

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26009693/

 

3 Kengo Iwata u.a.: Sugarcane (Saccharum officinarum L.) Top Extract Ameliorates Cognitive Decline in Senescence Model SAMP8 Mice: Modulation of Neural Development and Energy Metabolism. In: Frontiers in Cell and Developmental Biology. 2020. PMID 33123536

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33123536/

 

4 Sadia Wazir Khan u.a.: PROTECTIVE EFFECT OF SACCHARUM OFFICINARUM L. (SUGAR CANE) JUICE ON ISONIAZID INDUCED HEPATOTOXICITY IN MALE ALBINO MICE. In: Journal of Ayub Medical College, Abbottabad. 2015. PMID 26411113

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26411113/

 

5 Liwen Wang u.a.: Anti-fibrotic activity of polyphenol-enriched sugarcane extract in rats via inhibition of p38 and JNK phosphorylation. In: Food & Function. 2018. PMID 29322133

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29322133/

 

6 Jin Ji u.a.: Antioxidant and Anti-Diabetic Functions of a Polyphenol-Rich Sugarcane Extract. In: Journal of the American College of Nutrition. 2019. PMID 31008696

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31008696/

 

7 Monica D Prakash u.a.: Anti-cancer effects of polyphenol-rich sugarcane extract. In: PLoS One. 2021. PMID 33690618

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33690618/

 

8 Joaquim Mauricio Duarte-Almeida u.a.: Antiproliferative and antioxidant activities of a tricin acylated glycoside from sugarcane (Saccharum officinarum) juice. In: Phytochemistry. 2007. PMID 17350657

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17350657/

Schreibe einen Kommentar